Erinnerungen von einem kaum bekannten Kriegsschauplatz
1917 wurde Adolph Prinz zu Schwarzenberg als Kommandant einer k.u.k. Kraftfahrtruppe auf den türkischen Kriegsschauplatz abkommandiert und war dort in Palästina und Syrien im Einsatz. Seine Erinnerungen sind nun in einem hervorragend publizierten Buch auf Deutsch erschienen.
„Schließlich ist ja der ganze Krieg eine staatlich privilegierte Hochschule des Schwachsinns…“ So lautet einer der markanten Sätze des jungen Offiziers aus dem böhmisch-österreichischen Hochadel aus seinen Erinnerungen. Aber auch sonst bietet das Buch viele ungewöhnliche Meinungsäußerungen des Prinzen und überraschende Informationen durch die Herausgeber: So etwa Schwarzenbergs überaus positive Meinung über die Araber und Türken und seine ziemlich kritische Haltung gegenüber den deutschen Verbündeten. Und die Herausgeber steuern etwa die Information bei, dass die Entsendung von Kraftfahrtruppen zwar zunächst der militärischen Notwendigkeit geschuldet war, gleichzeitig aber auch als Werbeaktion für die österreichische Autoproduktion gedacht war und von Vertretern der Autoindustrie begleitet wurde.
Tatsächlich entsandte Österreich-Ungarn Artillerie und zu ihrer Versorgung eben Kraftfahrtruppen während des Ersten Weltkrieges in die Türkei. Die Artillerie bewährte sich bei der Abwehr der alliierten Angriffe auf Gallipoli und dann vor allem bei den Kämpfen in Palästina – an denen sich eben auch die Einheit Schwarzenbergs beteiligte.
Die Zustände in der türkischen Armee, die die Front in Palästina gegen die Engländer zu verteidigen hatte, und die praktisch nicht vorhandene Fürsorge für die Bevölkerung werden manchmal realistisch beschrieben. Dazu traten unvorstellbare Schwierigkeiten des Nachschubs, denn ein Transport von Istanbul bis Damaskus konnte auch fünf oder mehr Wochen dauern.
Im Mai 1918 kamen auch Kaiser Karl und Kaiserin Zita nach „Constantinopel“ (wie Schwarzenberg schrieb) und in Begleitung der Kaiserin war als Obersthofmeisterin auch Schwarzenbergs Mutter. Da solche Kaiserreisen immer von Filmteams begleitet wurden und der dabei gedrehte Film auch in Damaskus im Kino gezeigt wurde, freute sich der junge Offizier, seine Mutter „morgen im Kino“ wiedersehen zu können…
Die Illustrationen sind teilweise Zeichnungen von zwei Begleitern Schwarzenbergs und waren. bereits in der Originalausgabe in tschechischer Sprache aus den 1920er Jahren enthalten, denn die Erinnerungen wurden als Broschüre in den Souvenirshops der Schwarzenbergischen Schlösser damals verkauft. Eher zufällig entdeckte Wilfried Schimon eine Kopie des Originaltyposkripts in deutscher Sprache in Deutschland – wodurch die neue deutsche Ausgabe überhaupt erst möglich wurde.
Hervorragend der Begleittext des Herausgebers Wilfried Schimon und die erklärenden Anmerkungen, die sich auch an Leser richten, die nicht Spezialisten der österreichischen Militärgeschichte sind. Ihm und seinem Co-Herausgeber Erwin Schmidl ist mit diesem Buch ein großer Wurf gelungen.
Und da die beschriebene Landchaft und ihre Bewohner noch immer unter kriegerischen Zuständen leiden und das Buch damit traurige Aktualität erhält, verdient es eine möglichst starke Verbreitung.
Dr. Adolph Prinz zu Schwarzenberg: 1917/18. Kriegserinnerungen an Palästina & Syrien. Ein Offizier der k.u.k. Kraftfahrtruppen erlebt das Ende des Osmanischen Reiches. Herausgegeben von Wilfried Schimon und Erwin A. Schmidl. Verlag Militaria, Wien 2024
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